Am 1. Mai feiern Gewerkschaften, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Tag der Arbeit. An diesem gesetzlichen Feiertag ziehen in Deutschland Hunderttausende Menschen durch die Fußgängerzonen und Straßen und demonstrieren für „gute Arbeit, gerechte Löhne und einen starken Sozialstaat“.
Andere hoffen auf gutes Wetter und ziehen es vor, den freien Tag als Urlaubstag zu genießen. Warum eigentlich?

Autor Ingo Krüger

Geschichte und Bedeutung eines ungewöhnlichen Feiertages.

Die gesetzliche Feiertagsregelung in Deutschland obliegt nach Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetzes den Bundesländern. Durch deren Sonn- und Feiertagsgesetze sind neun Feiertage bundeseinheitlich gesetzlich geschützt, darunter auch der 1. Mai. Nach Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung sind diese Feiertage Tage der Arbeitsruhe und dienen der seelischen Erholung. In Deutschland galt der 1. Mai erstmals im Jahre 1919 als allgemeiner Feiertag, allerdings nur für dieses eine Jahr.

Proteste und Massenstreiks am 1. Mai

Der Ursprung des „Tages der Arbeit“ liegt allerdings nicht in Deutschland, sondern in den USA. Dort fanden 1886 am ersten Tag des Monats Mai Arbeiterproteste und Massenstreiks statt, die die Polizei blutig niederschlug. Die Zweite Internationale, später in Sozialistische Internationale umbenannt, rief drei Jahre später zum Gedenken an die Opfer den 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ aus. Am 1. Mai 1890 begingen Arbeiter weltweit zum ersten Mal diesen „Protest- und Gedenktag“ mit Streiks und Demonstrationen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) forderte auf ihrem Hallenser Parteitag im Oktober 1890, den 1. Mai als dauerhaften „Feiertag der Arbeiter“ einzuführen.

Die Zerschlagung der Gewerkschaften

Dies setzten in Deutschland ausgerechnet die Nationalsozialisten um, indem sie 1933 den ersten Tag des Monats Mai als „Feiertag der nationalen Arbeit“ deklarierten. Einen Tag später stürmten SA-Trupps landesweit die Gewerkschaftshäuser und -büros. Der 2. Mai 1933 steht seitdem für die endgültige Zerschlagung der Gewerkschaftsbewegung durch die Nazis. Propagandaminister Joseph Goebbels schrieb dazu in „Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“ (1934): „Den 1. Mai werden wir zu einer grandiosen Demonstration deutschen Volkswillens gestalten. Am 2. Mai werden dann die Gewerkschaftshäuser besetzt. Gleichschaltung auch auf diesem Gebiet (...). Es wird vielleicht ein paar Tage Krach geben, aber dann gehören sie uns.“ Obgleich die Nationalsozialisten den 1. Mai okkupierten, führten Oppositionelle immer wieder Protestaktionen durch. So fällten im Sommer 1933 Unbekannte eine von Adolf Hitler am 1. Mai auf dem Tempelhofer Feld in Berlin gepflanzte Eiche.

Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges gründeten sich erneut freie Gewerkschaften. In der Bundesrepublik Deutschland übernahm der DGB die führende Rolle als Vertretung der Arbeitnehmerschaft. „Samstags gehört Vati mir“ (1956), „Nicht Atomwaffen - nicht Völkermord, In Frieden arbeiten - in Freiheit leben“ (1962), „Arbeit für alle, in Frieden und sozialer Sicherheit“ (1982) oder „Du hast mehr verdient! Mehr Respekt. Soziale Sicherheit. Gute Arbeit.“ (2007) lauteten Parolen mit denen der DGB am „Tag der Arbeit“ versuchte, die Massen zu mobilisieren. Laut eigenen Angaben bietet dieser Feiertag für den Gewerkschaftsbund auch heute noch „nach wie vor gute Möglichkeiten zur Selbstdarstellung und Ansprache an ein breites Publikum“. Die Zahl derjenigen, die sich ansprechen lassen, nimmt allerdings von Jahr zu Jahr ab. So sank die Mitgliederzahl des DGB 2009 mit knapp 6,26 Millionen Mitgliedern auf den tiefsten Stand seit 1957.

Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen

Nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland existiert der 1. Mai als Feiertag. Auch im 1990 untergegangenen anderen deutschen Staat, der DDR, war der 1. Mai ein gesetzlicher Feiertag. Artikel 16 Absatz 2 der dortigen Verfassung von 1949 hob dieses Datum besonders hervor: „Der Sonntag, die Feiertage und der 1. Mai sind Tage der Arbeitsruhe und stehen unter dem Schutz der Gesetze.“ In der DDR hieß er aber nicht „Tag der Arbeit“, sondern „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“. Die Teilnahme an den Demonstrationen, mit dem Vorbeimarsch an der Tribüne mit führenden Parteimitgliedern und anderen Ehrengästen, bedeutete für Betriebe und Schulen im Allgemeinen eine Pflichtveranstaltung.